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Aktueller Stand nach Beschluss des Kitzinger Stadtrats

Pilotprojekt Weinbergbewässerung

Wenn Sie unseren Newsletter schon länger verfolgen, erinnern Sie sich vielleicht an unsere Berichterstattung im Sommer 2021. Damals konnte mit der Förderungszusage des bayerischen Staates eine wichtige Hürde auf dem Weg zu der Realisierung des laut Iphöfer Bürgermeisters “wichtigsten Infrastrukturprojekts in der Stadtgeschichte Iphofens” genommen werden. Bevor wir auf die aktuellen Entwicklungen eingehen, hier noch mal kompakt zusammengefasst, worum es bei diesem einmaligen Pilotprojekt geht:

 

Weinanbau in Zeiten des Klimawandels

 

Die steigenden Temperaturen und insbesondere die zunehmende Trockenheit stellen den Weinanbau in vielen Regionen vor eine große Herausforderung. Dabei ist die Region Unterfranken besonders schwer betroffen. In einigen Jahren fielen im Landkreis Kitzingen weniger als 500 Liter pro Quadratmeter Niederschlag, was in etwa mit der jährlichen Niederschlagsmenge von Jordanien oder Tansania zu vergleichen ist. Zwar erleben wir im Winter auch immer wieder das Gegenteil – wie erst kürzlich mit dem Hochwasser nach Weihnachten. Aber gerade in der so wichtigen Wachstumsphase im Frühling und Sommer bleiben die Niederschläge oft aus. Die ungleiche Niederschlagsverteilung führt in vielen Fällen zu Trockenstress im Sommer, infolgedessen die Rebe nur notreife Beeren ausbilden kann. Eine gute Weinqualität zu produzieren ist unter diesen Umständen kaum möglich. Stattdessen droht den Winzern sogar der Totalverlust einer Ernte.

 

Die Entstehung des Pilotprojekts

 

Vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen wurde bereits 2009 von der Stadt Iphofen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die ein nachhaltiges Konzept für die Bewässerung der Rebflächen im Keuper vorsah. Nachdem alle Möglichkeiten durchgespielt wurden*, fand man letztlich nur eine praktikable Lösung: den Bau eines Speichersees, der über eine Pipeline mit dem Wasser aus dem Kitzinger Main versorgt wird. Von dort aus soll das Traubenwachstum in besonders trockenen Monaten über ein weit verzweigtes Wassernetz und ressourcenschonende Tröpfchenbewässerung unterstützt werden. Wichtig dabei: das Wasser soll nur in den regenreichen Wintermonaten aus dem Main entnommen werden, das ansonsten ungenutzt ins Meer strömen würde. Geplant sind derzeit bis zu 195.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr, die vom Main bei Kitzingen nach Iphofen fließen sollen. Für Herbert Walter, Leiter der Koordinierungsstelle “Zukunftsstrategie Wasserwirtschaft Nordbayern”, kein Problem: “Die Entnahme, um die es für Iphofen geht, würde der Main nicht merken”, rechnet er vor. Tatsächlich hat der Main selbst bei Niedrigwasser einen mittleren Abfluss von etwa 60 Kubikmeter pro Sekunde – bei einer Nutzung von November bis April würden davon gerade mal 0,02 Kubikmeter pro Sekunde abgepumpt werden. 

*u.a. wurde überlegt, das Grundwasser zu entnehmen oder Regenwasser zu sammeln. Aufgrund des hohen Sulfatgehalts wurde jedoch davon abgeraten. Sulfat würde laut Experten die Leitungen verstopfen.

 

Finanzierung des Projekts

 

Finanziert werden soll das Projekt zu gleichen Teilen durch die Stadt Iphofen und die Winzer. Bis zu 10 Mio. Euro zahlt der Bayerische Staat als Förderungszugabe. Für die Winzer bedeutet das eine geschätzte Investition von 20000 Euro pro Hektar – keine unerhebliche Summe. Allerdings sind die Investitionen aus unserer Sicht alternativlos. Ohne ein sinnvolles Wasserverteilungskonzept würde der Weinbau in Franken auf lange Sicht wohl verschwinden. Der Anbau alternativer Rebsorten löst das Problem leider nicht, da sich ein fränkischer Silvaner weder qualitativ, noch was die Nachfrage betrifft, durch alternative Rebsorten (z.B. durch sog. PIWIS) ersetzen ließe. Der fränkische Weinbau würde folglich seine Identität verlieren und austauschbar werden. Mit Wasserverschwendung hat das Projekt übrigens gar nichts zu tun. Für eine sparsame Wasserentnahme spricht alleine schon die Tatsache, dass die Wassernutzung künftig bepreist werden soll, um die Instandhaltungskosten zu finanzieren.

 

Aktuelle Entwicklungen – Wie es Weitergeht

 

Obwohl der Kitzinger Stadtrat im Februar mit dem Einräumen des Wegerechts eine der letzten Hürden beseitigt hat, ist weiterhin nicht klar, wann mit dem Bau der Leitungen begonnen werden kann. Vorher muss noch geklärt werden, ob andere Gemeinden oder Branchen an dem Projekt beteiligt werden. Dennoch ist man im bayerischen Umweltamt überzeugt, dass das Pilotprojekt ein wichtiger Test für die Anwendbarkeit eines nachhaltigen Wassernutzungskonzeptes für ganz Bayern ist. Das liegt auch an mangelnden Alternativen. Experten warnen bspw. schon lange davor, Grundwasser zu entnehmen – wie von manchen vorgeschlagen. Die niedrigen Grundwasserpegel lassen ein solches Vorgehen kaum zu. „Überschüssiges“ Oberflächenwasser aus winterlichen Hochwasserperioden hingegen würde der Natur nicht fehlen. Geplant ist aktuell, von dem Konzept der Speicherseen ausgehend in die Fläche zu gehen, was letztlich nicht nur dem Weinbau, sondern auch anderen Akteuren der Landwirtschaft oder den Kommunen (z.B. bei der Bewässerung von Grünflächen) zu Gute käme. Zudem kann mit dem Wasser der Brandschutz bei Waldbrandgefahr erhöht und einzelne Speicherseen als Naherholungsgebiet genutzt werden.